Das Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 8.12.2014 zur FBB-Lärmschutzpraxis ist nicht geeignet, Vertrauen in den Rechtsstaat und seine Rechtsprechung zu fördern.
Wenn Prozesserklärungen vor dem höchsten Verwaltungsgericht der Bundesrepublik nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen und von einem Landesgericht zur Makulatur erklärt werden können, drängt sich der Eindruck von Recht nach Kassenlage und Rechtsprechung nach Gutsherrenart auf. Offenbar wiegt für die Justiz das staatliche Bedürfnis nach Sparen am Bürger höher als dessen Schutz, hebelt Geld jegliches Gesetz aus.
Der BVBB e.V. hatte durch ein Mitglied des Vereins gegen das brandenburgische Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft geklagt, weil diese nicht dafür Sorge tragen, dass Schutzmaßnahmen laut Planfeststellung des Flughafens Berlin Schönefeld umgesetzt werden.
Konkret wurde beklagt, dass eine am 21.09.2011 vor dem BVerwG abgegebene Prozesserklärung von Aufsichtsbehörde und Flughafen nicht umgesetzt wird. Diese Prozesserklärung fußte auf einem Kompromissvorschlag des Obergerichtes, weil es eine Diskrepanz der Lärmschutzansprüche lt. Planfeststellungsbeschluss auf Basis der Geradausflugrouten und der nun in Rede stehenden um 15° divergierenden Flugrouten gab. Der Vorsitzende Richter begründete das Erfordernis einer Übereinkunft damit, dass Flugrouten „flüchtig“ seien.
Die Flughafengesellschaft hatte bewusst Geradeaus-Flugrouten geplant, beantragt und planfeststellen lassen, um die Lärmschutzgebiete im dicht besiedelten Umland des Flughafens klein und finanzierbar zu halten.
Die Aufsichtsbehörde musste am 21.09.2011 im Gerichtssaal verbindlich erklären, dass sich einerseits für die so genannten Alt-Betroffenen durch die neuen Flugrouten nichts ändern wird. Die Daten zu Flugbewegungszahlen, Flugzeugtypen und Flugrouten aus dem Planfeststellungsbeschluss sollten weiterhin Grundlage für die Dimensionierung des Schallschutzes (Verschlechterungsverbot) bleiben. Andererseits aber forderte das Gericht auch, dass alle durch die neuen divergierenden Flugrouten erstmalig oder stärker Betroffenen schnellstmöglich den gleichen Schutz nach Planfeststellung erhalten sollen.
Weil das Ministerium damit akzeptierte, dass möglicherweise auch betroffene Menschen in den Genuss von Schallschutz kämen, die bei Definition der neuen Schallschutzgebiete nach divergierenden Flugrouten geringere Ansprüche hätten, bekräftigte der damalige brandenburgische Staatssekretär und heutige stellv. Aufsichtsratsvorsitzende der FBB, Rainer Bretschneider in der Berliner Zeitung vom 22.09.2011 das zugesicherte Verschlechterungsverbot: „Im Zweifel für den Lärmschutz“.
Im Zusammenhang mit der Gewährleistung des Schallschutzes für die Anwohner der Südbahn vor deren Inbetriebnahme zeigte sich jedoch, dass die Flughafengesellschaft systematisch die sich aus der Prozesserklärung ergebenden Pflichten ignoriert, Berechnungen zum Schallschutz ausschließlich auf Basis der neuen divergierenden Flugrouten vornimmt und die Aufsichtsbehörde tatenlos zusieht bzw. diesen Betrug an den Betroffenen duldet, damit beide gegen geltendes Recht verstoßen.
All das hatte für das OVG ebenso wenig Bedeutung, wie die vor dem Bundesverwaltungsgericht am 21.09. 2011 abgegebenen Prozesserklärungen der Aufsichtsbehörde und Flughafengesellschaft. Offenbar sind für das OVG vor dem BVerwG abgegebene Prozesserklärungen nunmehr „flüchtig“. Eine Revision gegen dieses Schandurteil ließ das Gericht nicht zu.
Nach Vorlage der schriftlichen Urteilsbegründung wird der BVBB eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision prüfen.