BVBB-Pressemitteilung vom 18.01.2011
BVBB: Standort Schönefeld muss sofort aufgegeben werden – Es gibt keine Flugrouten, die die Region vor Fluglärm schützen
Die immer wieder vermittelten Behauptungen und Hoffnungen, nach denen es durch die Lage von Flugrouten möglich sei, Fluglärmentlastungen im nennenswerten Umfang sicherzustellen sollten schnellstens aufgegeben werden, erklärte die Vorsitzende des BVBB, Astrid Bothe. Diese Schlussfolgerung zieht der BVBB aus den von der Deutschen Flugsicherung (DFS) auf der Sitzung der Fluglärmkommission (17.01.2011) vorgetragenen Positionen und dem Gutachten („Final Draft“-90% Report, 10 Jan. 2011, Faulenbach da Costa), das BVBB und „Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden im Juni 2010 in Auftrag gegeben hatten. Die Flugroutendiskussion und die wiederum durch die Nichtergebnisse der Fluglärmkommission „ (FLK) sichtbare Hilflosigkeit belegen zusätzlich, dass es keine akzeptable Lösung für das Fluglärmproblem, ausgehend vom Standort „Schönefeld“ gibt.
Im Ergebnis kommt der Gutachter (unter www. bvbb-ev.de/ Downloads, 108 Seiten, nachlesbar), auch unter Bezug auf die Stellungnahmen der DFS (06.09.2010; 17.01.11) zur Feststellung, dass alle untersuchten Möglichkeiten der Routenführung und Routenbelegung nur dann zu einer nachhaltigen Entlastung, insbesondere auch im Nahbereich des BBI – Schönefeld führen können, wenn die von ihm vorgeschlagenen aktiven Maßnahmen (Pistennutzungsstrategie, steilerer Anflug, versetzte Landeschwellen und geknickter Anflug von Westen usw.) umgesetzt werden. Diese Vorschläge würden in Ludwigsfelde, Großbeeren, Blankenfelde-Mahlow, Schönefeld, Berlin, Neu- Zittau/Gosen, Schulzendorf und Eichwalde zu Entlastungen und in Rangsdorf (+4.400 Einwohner) zu neuen Belastungen führen. Insgesamt käme bei idealer Nutzung aller vorgeschlagenen Maßnahmen eine Nettoentlastung von 52.000 Einwohnern zustande.
Der Gutachter schränkt darum ein, dass diese Entlastung nur gegenüber den Annahmen der Planfeststellung bei gleichzeitiger Begrenzung der Flughafenkapazität auf 360.000 jährliche Flugbewegungen eintrete. Mit darüber hinausgehenden Bewegungszahlen würden die Entlastungseffekte durch mehr Verkehr wieder konsumiert. Anders formuliert: bei einem angenommenen dauerhaften Wachstum des Luftverkehrs haben alle aktiven Maßnahmen nur vorübergehenden Charakter. Den von vielen Spekulationen, auch der „Neu – Betroffenen, erhofften “großen Wurf gibt es nicht“, so der Gutachter. Jede Maßnahme der Flugroutenbelegung auf der Abflugseite führt zwangsläufig zu Konsequenzen auf der Anflugseite. Gleiches gilt für Veränderungen auf der Anflugseite und bei den Pistennutzungsstrategien. Dies insbesondere, weil er nicht davon ausgeht, dass es zu einer dauerhaften Einschränkung der im Planfeststellungsbeschluss genehmigten und vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten (Urteil 16.03.2010; Ziffer 221 und 262) Kapazitätseinschränkung von 360.000 genehmigten An– und Abflüge/Jahr kommen wird. Diese Kapazität dürfte, bei angenommenen Wachstum von 2,6%/Jahr, zwischen 2023 und 2028 erreicht sein.
„Es liegt auf der Hand, dass sich auf einem abhängigen Bahnsystem weniger Flugbewegungen abwickeln lassen als auf einem unabhängigen“, urteilte das Bundesverwaltungsgericht. D. h.: das Gericht plädierte ganz im Sinne des Planfeststellungsbeschlusses und der Planungen der Flughafengesellschaft (FBS) für ein unabhängiges Parallelflugsystem mit der Konsequenz von Flugroutenregelungen, die 360.000 Flugbewegungen sicherstellen. Dies ist wiederum nur möglich, wenn mit mindestens 15° Spreizung vom Parallelbahnsystem abgeflogen wird. An diese Entscheidung ist auch die DFS gebunden.
Weil der Gutachter nicht den Auftrag hatte, eine BBI - Standortaufgabe zu untersuchen, sondern sich an die Vorgaben des gerichtlich bestätigten Teils des Planfeststellungsbeschlusses zu halten, kam er für die Möglichkeit von Fluglärmentlastungsmaßnahmen, insbesondere im Nahbereich, nur zu einem Schluss: es „sollte der Weg der Absiedlung beschritten werden“. Denn, Entlastungen im Nahbereich gibt es praktisch nicht.Nur so könne die Raumverträglichkeit des Flughafenstandorts verbessert und die Zukunftsfähigkeit des Flughafens und der Region gesichert werden. Ein hierzu notwendiges Programm bezifferte er mit einer Größenordnung von 3,4 Milliarden €.
Die Kosten der Absiedlung lägen in jedem Fall über den Kosten, die für den BBI investiert werden müssen.
Der BVBB sieht sich vor dem Hintergrund dieses Dilemmas in seiner Forderung nach Baustopp und Standortaufgabe bestätigt. Er hält es für höchst problematisch Tausende von Einwohnern, zum Schutz ihrer Gesundheit, zwischen Diedersdorf/Blankenfelde Mahlow und Berlin-Müggelheim zu vertreiben und irgendwo neu anzusiedeln. Dies um den Preis, dass es beim Fluglärm für alle anderen Regionen bleibt, die durch die An- und Abflüge betroffen sind.
Die nun selbst von Wowereit (SPD) und Platzeck (SPD) eingestandene Standortfehlentscheidung muss sofort korrigiert werden. Sie müssen einsehen, dass es unmenschlich ist, unter ihrer Entscheidung 200.000 betroffenen Menschen vieler Generationen leiden zu lassen. Der BVBB wird das nicht hinnehmen. Er fordert alle Bürgerinitiativen auf, die sinnlose und von den tatsächlichen Problemen ablenkende Flugroutendiskussion aufzugeben und für eine neue Standortentscheidung zu kämpfen. Nachdrücklich weist der BVBB darauf hin, dass auch Wowereit und Platzeck genau wissen, dies auch öffentlich zugeben, dass dieser Standort nur „Sperenberg“ heißen kann. Die Schutzbehauptung, dass „Schönefeld“ wegen des Geldes, das schon investiert sei, nun auch fertig gebaut werden muss, heißt im Klartext: Geld geht vor den Schutz der Bevölkerung, uns fällt nichts ein, wie wir das investierte Geld nach nutzen können.
In der zweiten Hälfte Februar wird der BVBB hier hilfreich sein und ein Nachnutzungskonzept, einschließlich eines BBI – Neubaus in Sperenberg, öffentlich machen.