Alternativkonzepte
BBI-Alternativkonzepte des BVBB als Grundlage für eine öffentliche Diskussion
Memorandum
Wir, der Bürgerverein Brandenburg Berlin e.V. (BVBB), fordern eine sachliche Überprüfung der Standortentscheidung zum geplanten Neubau des Großflughafens Berlin Brandenburg International in Schönefeld.
Wir fordern einen Neuanfang, mit einer Sachprüfung auf der Grundlage der nachfolgend aufgeführten, international geltenden Kriterien für Standortentscheidungen von Flugplätzen:
1. Welcher regionale Bedarf begründet für die nächsten 50 Jahre eine Standortentscheidung und welche Kapazitäten sind erforderlich?
2. Welcher Bedarf für den Standort und welche Anforderungen werden von nationalen und internationalen Fluggesellschaften für diesen Zeitraum geltend gemacht?
3. Unter welchen Bedingungen ist der Standort im Hinblick auf mögliche Betroffenheiten der Bevölkerung in Standortnähe verträglich?
4. Wie werden die Gefahren aus möglichen Flugzeugkatastrophen und Terrorakten für die den Standort umgebenden besiedelten Gebiete eingeordnet?
5. Welche tatsächlichen Auswirkungen hat der Standort auf Siedlungsentwicklung, Naturschutz- und Erholungsgebiete?
6. Welche tatsächlichen Auswirkungen hat der Standort auf Wertverluste privaten Eigentums an Immobilien?
7. Welche gesundheitlichen Folgen hat die Lärmeinwirkung auf die betroffene Bevölkerung am Tage und in der Nacht; wie steht es um den Anspruch auf Sonn - und Feiertagsruhe?
8. Welche tatsächlichen Auswirkungen hat der Standort auf die Entwicklung von betroffenen Gemeinden, ihre sozialen Einrichtungen und die Freizeitgestaltung der betroffenen Bürger?
9. Welche tatsächlichen Auswirkungen hat der Standort auf die Struktur des Einzelhandels und welchen Bedarf an vermietbaren Immobilienflächen gibt es im Standortumkreis?
10. Ist aus Gründen der mit dem Standort zu erwartenden Verkehrsbelastungen ein Modalsplit vom wenigstens 70 % zu Gunsten des Öffentlichen Personen- und Nahverkehrs möglich?
11. Ist eine unbegrenzte und einschränkungslose Ausbaufähigkeit möglich?
12. Ist der Standort für den Neubau eines Großflughafens bei Vermeidung einer Belastung der öffentlichen Haushalte geeignet?
13. Kann ein Großflughafen am Standort langfristig wirtschaftlich betrieben werden?
14. Welche Entwicklungen für den Arbeitsmarkt sind auf Grundlage einer Arbeitsmarktpotentialanalyse zu erwarten?
Nach eingehender Prüfung der Antragsunterlagen zum beantragten Neubau eines Großflughafens am Standort Schönefeld und in Auswertung des Anhörungsverfahrens zum Antrag, haben sich die Unterzeichner davon überzeugt, dass für den Standort Schönefeld alle Fragen negativ beantwortet werden müssen, nicht eindeutig beantwortet werden können bzw. unbeantwortet bleiben.
Die Unterzeichner schließen sich darum dem Ergebnis des Raumordnungsverfahrens des Landes Brandenburg aus dem Jahr 1994 an. Schönefeld war, ist und bleibt ein ungeeigneter Standort für den geplanten Neubau eines Großflughafens.
Die 1996 getroffene Standortentscheidung ist sachfremd!
Die politische Entscheidung für den Standort Schönefeld wurde willkürlich aufgrund sachfremder Erwägungen getroffen und bis heute sachlich nicht begründet.
Diese sachfremde Entscheidung ist die Ursache für alle Probleme der Planung, Finanzierung und der gesellschaftlichen Unverträglichkeit die durch über 130.000 Einwendungen von Betroffenen 180 Einwendungen von Trägern Öffentlicher Belange und 17 Gemeinden eindrucksvoll, wie bei bisher noch bei keinem anderen Investitionsprojekt, bewiesen ist.
Bis zum heutigen Tage wurde diese sachfremde Entscheidung unverantwortlich mit weit mehr als 1 Mrd. Euro - ohne Personalkosten - zu 75 % aus den Haushalten von Brandenburg und Berlin bezahlt.
Nach dem bisherigen Stand der Planung und den bekannt gewordenen Risiken des geplanten Privatisierungsvertrages muss auch künftig mit Risiken für die öffentlichen Haushalte in Milliardenhöhe gerechnet werden.
Um weiteren Schaden für die Betroffenen, den Steuerzahler, die Gemeinden und das Ansehen von Brandenburg und Berlin abzuwenden, fordern die Unterzeichner einen sofortigen Stopp der Privatisierungsverhandlungen und eine Aussetzung des Planfeststellungsverfahrens.
Diese Forderungen werden wie folgt begründet:
Die willkürliche Standortentscheidung „Schönefeld" missachtet neben der Verschleuderung von Steuergeldern grundgesetzlich geschützte Rechte der Betroffenen, die Planungsrechte der Gemeinden und die Vorsorgeverpflichtung des Staates zum Schutz der Bevölkerung.
Im Zielkonflikt wirtschaftlicher Interessen versus grundrechtlicher Schutzgarantien nach Grundgesetz Artikel 2 und 8, haben sich die politisch verantwortlichen Parlamente, die Bundesregierung und die Landesregierungen von Brandenburg und Berlin widerrechtlich für die Privatinteressen zur Betreibung eines Flughafens und die Gewinnmaximierung von Privatgesellschaften zu Lasten von Betroffenen und des Steuerzahlers entschieden. Die Entscheidung ist politisch unverantwortlich, weil sie sich auf eine Missachtung von Recht und Schutzanspruch gründet.
Wenn Politiker willkürlich "mit allen Mitteln" gegen Schutzrechte, staatliche Vorsorgeverpflichtung und Grundrechte verstoßen, stellen sie die Machtfrage zwischen Politik und den Betroffenen.
Dabei nehmen sie für den Standort Schönefeld billigend in Kauf:
die Folgen von Flugzeugabstürzen in dichtbesiedeltem Gebiet mit einer Gefährdung unschuldiger Dritter (90 % aller Flugzeugabstürze passieren im Umkreis von 20 km der Flughäfen),
die Folgen terroristischer Anschläge vom Boden wegen unmöglicher Kontrolle von Einflugschneisen in besiedeltem Umfeld,
die Folgen gesundheitlicher Beeinträchtigung durch Fluglärm, Zerstörung der Nacht- und Wochenendruhe, flughafenbezogenen Verkehrslärm und Umweltverschmutzung durch Abgase und die schwere Beeinträchtigung von Flora, Fauna sowie Gewässern,
die Folgen von Wertzerstörung privaten Eigentums an Haus- und Grundbesitz (im Fall Schönefeld wenigstens 4 Milliarden Euro bei durchschnittlich 30% Wertverlust),
die Folgen für die Etablierung einer Sozialstruktur auf niedrigstem Niveau durch Flucht "Besserverdienender",
die Folgen einer Belastung der Infrastruktur durch das ständige unternehmerische Bestreben der Flughafenbetreiber, die Abfertigungszahlen und den Frachttransport zu steigern.
Es wird verschwiegen oder ignoriert, dass
- in den letzten 30 Jahren wegen der Belastung durch den Flugbetrieb weltweit kein Großflughafen in einem besiedelten Gebieten gebaut worden ist,
- die Entwicklung eines Flughafens nicht von der räumlichen Nähe zum Passagieraufkommen abhängig ist, sondern von seiner Erreichbarkeit zum Aufkommen im Radius von 150 km und seiner Funktion als Drehkreuz,
- ein Flugplatz, unabhängig von seiner Lage im Raum, bei Bau und Betrieb überall Arbeitsplätze schafft,
- Umlandgemeinden in ihrem Steueraufkommen frühestens 15 Jahre nach Inbetriebnahme vom Flughafen partizipieren (Gewerbesteuer ist investitionsabhängig, Körperschaftssteuer fällt am Sitz der Gesellschaft an),
- nicht vom Fluglärm betroffene Umlandgemeinden bei Wachstum der Bevölkerung aufgrund der Flughafennähe, eine Steigerung der Infrastrukturkosten (Erweiterungs- und Neubau von Straßen, Entwicklung von Wohngebieten, Bau von Schulen und Kindergärten, Sportstätten und Krankenhäusern) in Kauf nehmen müssen und damit ihre Haushalte überschulden,
- die grundrechtlich und menschenrechtlich garantierten Schutzrechte zur Erlangung wirtschaftlicher Ziele aufgegeben werden und dabei das Allgemeinwohl missachtet wird.
Ausgehend von den Grundsätzen einer humanen Gesellschaft, die sich auch an christlichen Grundwerten orientiert, besteht für verantwortliche Politik die Verpflichtung wirtschaftliche Interessen unter den Primat der gesellschaftlichen Verträglichkeit, der Vorsorge und der Einhaltung von Schutzrechten zu stellen. Sie muß darum prüfen und abwägen, ob der Betrieb der innerstädtischen Flughäfen in Berlin begründbar und zu verantworten ist.
Ein Neubau von Schönefeld zum Großflughafen ist ein Willkürakt gegen diese Grundsätze und in seinen Folgen nur eine Verlagerung der Belastungen des unvertretbaren Standorts Tegel nach Schönefeld. Flughäfen in innerstädtischen Lagen sind unverantwortlich!
Eine Schließung der innerstädtischen Berliner Flughäfen ist mittelfristig unumgänglich!
Die unterzeichnenden Gemeinden, Kirchen, Vereine, Verbände und Bürgerinitiativen fordern die mittelfristige Schließung aller drei Berliner Flughäfen, die Unterlassung des Neubaus eines Großflughafens in Schönefeld und eine neue, an vorher beschriebenen Grundsätzen und Prämissen orientierte Flughafenpolitik in Berlin und Brandenburg.
Es geht um einen Weg der Vernunft und nicht um die Durchsetzung politischer Macht!
Die Unterzeichnenden machen in diesem Memorandum einen Vorschlag, der einen Weg der Vernunft und Sachgerechtigkeit aufzeigt. Sie erklären, dass sie den Widerstand gegen die Neubaupläne von Schönefeld solange fortsetzen, bis alle innerstädtischen Flughäfen geschlossen sind. Gleichzeitig rufen sie die betroffenen Menschen in den Einflugschneisen von Tegel und Tempelhof auf, sich diesem Widerstand anzuschließen. Mit dieser Koalition erzwingen wir eine neue Flughafenpolitik, die nicht zu einer Verlagerung der Belastung führt, weil die Belastung durch den Flugbetrieb für alle Betroffenen gleichermaßen unzumutbar ist! Der schäbige politische Versuch die Betroffenen gegeneinander auszuspielen muss beendet werden.
Großflughafen BBI in Schönefeld, ein politisches Abenteuer - Die Fakten
Unabhängig vom geplanten, sogenannten Privatisierungsvertrag (Ankündigung für Ende Januar 2003) mit seinen unverantwortlichen Risiken für die Steuerzahler und der Belastung der Flughafennutzer mit den höchsten Flughafengebühren in Deutschland, ist das Projekt mit weiteren unabwägbaren Risiken für die Haushalte von Bund, Berlin und Brandenburg befrachtet.
Alle bisher bekannten Risiken beruhen auf parteilichen Angaben der PPS (Projekt-Planungsgesellschaft Schönefeld), der verantwortlichen politischen Parteien und der Gesellschafter. Sie stehen unter Vorbehalt des Planfeststellungsbeschlusses und der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Vorgeschaltet vor diesen Entscheidungen ist die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts Brandenburg (voraussichtlich im 1. Quartal 2003) über die Rechtmäßigkeit der Planung. Je nach Ausgang dieser Entscheidung kommt es wiederum zu einer Klage vor dem OVG Frankfurt/Oder und/oder zu einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.
Unabhängig von diesen rechtlichen Risiken bestehen folgende Risiken mit weitgehend ungeklärten Konsequenzen:
Kosten der Schienenanbindung (PPS: 496 Mio. EURO), Untertunnelung der Nordbahn (PPS: 76 Mio. EURO),
Endkosten der Umsiedlung Diepensees (offene Kostenhöhe), Teilumsiedlung Selchow, Waltersdorf, Alt Glasow u.a. (offene Kostenhöhe),
Verlagerung sensibler Einrichtungen, wie KITAS und Schulen (offene Kostenhöhe),
Trog-Tunnellösung Dresdener Bahn (ohne nachvollziehbare Kostenhöhe),
Verlegung Anbindung Görlitzer Bahn (ohne nachvollziehbare Kostenhöhe),
Verlegung Gasleitungen (ohne nachvollziehbare Kostenhöhe),
Lärmschutzmaßnahmen (ohne nachvollziehbare Kostenhöhe),
Entschädigungen für Immobilien-Entwertung (offene Kostenhöhe),
Altlastenbeseitigung (ohne nachvollziehbare Kostenhöhe),
Schließung von Tegel und Tempelhof (offene Kostenhöhe),
Kosten der Grundstücksbeschaffung und Enteignungsverfahren (offene Kostenhöhe).
Weitere Risiken ergeben sich aus:
der Nichterfüllung der Bedarfsanalyse für die angenommene Wirtschaftlichkeit,
der fragwürdigen Durchsetzungsfähigkeit der geplanten Flughafengebühr,
der Entwicklung der Finanzierungs- und Baukosten während der Bauphase (hier ist erfahrungsgemäß ein Kostenaufschlag von 20 bis 30 % anzusetzen),
Erfolg oder Nichterfolg von Enteignungsverfahren zur Beschaffung benötigter Grundstücke.
Der Neubau von Schönefeld hat keine Bedarfsbegründung
Die bisherigen Prognosen für den geplanten Neubau sind im parteilichen Interesse der Gesellschafter völlig überzogen. Die in jüngster Zeit veröffentlichten Zahl über die geplante Kapazität von 17 Mio (eingereichte Planung in der ersten Stufe bis zu 30 Mio.). Passagieren/Jahr bei Eröffnung 2009 kann nur als Irreführung gewertet werden. Tatsache ist, dass diese Kapazität den Standort Schönefeld nicht begründen kann. Für diese Kapazität reicht Tegel! Die herangezogene Behauptung der Kapazitätsenge von Tegel ist unhaltbar. Die weitere Begründung einer Erlangung der Wirtschaftlichkeit des Berliner Flughafensystems durch den Neubau von Schönefeld ist ebenfalls unhaltbar. Tegel ist in seinem Flugbetrieb und mit seinem Passagieraufkommen der profitabelste Flughafen in Deutschland! Bei betriebswirtschaftliche Betrachtung des Systems ist die Unwirtschaftlichkeit in den Planungs- und Grundstückskosten sowie dem unwirtschaftlichen Betrieb von Tempelhof und Schönefeld begründet. Ebenso unwahr ist die Behauptung, das Berliner Flughafensystem (Tegel, Tempelhof und Schönefeld) könne Zuwachsraten über 15 Mio. Passagiere/Jahr bis 2015 nicht verkraften.
Der Gegenbeweis stützt sich auf folgende, unwiderlegbare Fakten:
Selbst bei Annahme einer Verdoppelung des Passagieraufkommens auf den Berliner Flughäfen in den nächsten 15 Jahren könnten dort ohne technische Schwierigkeiten weit über 30 Mio. Passagiere/Jahr abgefertigt werden.
Tegel hat bei der derzeitigen Kapazitätsregelung (35 Flugzeugbewegungen/ Stunde) eine tatsächliche Kapazität von 20 Mio. Passagieren/Jahr. Genutzt werden z.Zt. ca. 10 Mio./Jahr. Auch wegen dieser niedrigsten Kapazitätsauslastung (50 %) aller deutschen Großflughäfen hat die BBF zur Zeit keine zweifelsfreien rechtlichen Zwangsmittel, Fluggesellschaften auf den Standort Schönefeld zu zwingen. Jeder Fachmann weiß zudem, dass eine Erhöhung von 35 auf 45 Flugbewegungen/Stunde eine Abfertigung von 30 Mio. Passagieren/Jahr in Tegel ermöglicht. (London Gatwick fertigt mit einer Start- und Landebahn z. Zt. 32 Mio. Passagiere/Jahr ab). Das Problem Tegel liegt ausschließlich in der Terminalkapazität und nicht im Start- und Landebahnsystem. Eine Konzentration des Berliner Luftverkehrs ausschließlich auf den Standort Tegel würde diesen zum profitabelsten Flughafen in Europa machen.
Die ständig angekündigten Versuche, den Charterverkehr von Tegel nach Schönefeld zu verlagern, sind unehrliche Propagandaaussagen für die lärm- und katastrophenbelasteten Bewohner in der Einflugschneise von Tegel. Unabhängig von zweifelhaften Rechtsmitteln bezüglich eines Zwanges zur Verlagerung würde die Kapazitätsauslastung von Tegel - nach Verlagerung beispielsweise des Charterverkehrs nach Schönefeld - auf ca. 40 % sinken. Der heute profitable Flughafen Tegel würde in diesem Fall den Konkurs des Berliner Flughafensystems endgültig besiegeln.
Der Flughafen Schönefeld hat eine Kapazität von weit über 15 Mio. Passagieren/Jahr. Auch hier liegen, wie in Tegel, die Engpässe in der Terminalkapazität. Die Auslastung von Schönefeld lag in 2002 bei ca. 15%. Diese Auslastung macht Schönefeld unwirtschaftlich und in der Finanzierung seiner Sicherheitssysteme unvertretbar teuer. An dieser Situation würde sich entscheidend nichts ändern, wenn der Charterverkehr (durchschnittlich 850.000 Passagiere/Jahr) von Tempelhof nach Schönefeld verlagert würde.
Es ist unbestreitbar, dass Tempelhof eine politisch verordnete Abfertigungskapazität im Terminal von maximal 1,5 Mio. Passagiere/Jahr hat, die mit unter 850.000 Passagieren/Jahr stagniert. Ebenso bekannt ist, dass 1970 in Tempelhof noch 5,5 Mio. Passagiere/Jahr abgefertigt wurden. Auch hier sind erhebliche Kapazitätsreserven, die das Märchen von zu erwartenden Kapazitätsengpässen widerlegen.
Bei geringfügigen Investitionen in Terminalkapazitäten liegen darum die technischen Möglichkeiten des Berliner Flughafensystems bei weit über 45 Mio. Passagieren/Jahr.
Diese Fakten können nicht widerlegt werden. Das Berliner Flughafensystem hat nach Feststellungen der Bundesregierung die geringste Kapazitätsauslastung aller vergleichbaren Flughäfen in Deutschland und Europa.
Die vorhandenen Kapazitätsreserven und eine realistische Betrachtung einer möglichen Entwicklung des Berliner Flugverkehrs beweisen, dass Berlin und Brandenburg und die Bundesrepublik in den nächsten 10 Jahren keinen neuen Großflughafen benötigen. Ein Neubau von Schönefeld mit den geplanten Kapazitäten ist darum nur eine kostspielige und risikoreiche Verlagerung des Tegeler Flughafens nach Schönefeld. Schon darum muss vor dem Hintergrund der Risiken eines Neubaus die Flughafenpolitik in Berlin und Brandenburg von Illusionen, Größenwahn und fachlicher Stümperei befreit werden.
Neuanfang für Realismus und zukunftsorientierte Flughafenpolitik
Ein Neuanfang würde Berlin, Brandenburg und den Bund vor einem Abenteuer bewahren, das in seinen Auswirkungen auf Haushalte, Betroffene und Image unverantwortlich ist.
Es darf nicht sein, dass Kinder, Enkelkinder und Urenkel die Zeche bezahlen, die aufgrund einer sachfremden Entscheidung zu Stande gekommen ist. Es darf nicht sein, dass weiter öffentliche Mittel für den geplanten Großflughafenbau „Schönefeld" zu Lasten wesentlich wichtigerer Aufgaben der öffentlichen Hand tabuisiert werden.
Es geht um den Bau eines Großflughafens, der unabhängig von seiner Lage durch seine Abfertigungskapazitäten in Berlin ein innerstädtischer Flughafen ist. Die sachfremde Vorstellung, dass ein Flughafen nur mit innerstädtischen oder stadtnahen Start- und Landebahnen ein innerstädtischer Flughafen ist, muss überwunden werden.
Vor dem Hintergrund dieser unverzichtbaren Objektivierung einer neuen Flughafenpolitik müssen insbesondere die Standorte Stendal und Sperenberg vorurteilslos dem Standort Schönefeld gegenübergestellt werden.
In 11 Schritten zu einer neuen Flughafenpolitik:
1. Beeinflussen zu erwartende EU-Richtlinien, nationale Gesetze zum Schutz der Bevölkerung, Novellierung des Fluglärmgesetzes, neueste Erkenntnisse der Gesundheitsgefährdung durch Lärm, technischen Entwicklungen des Fluggeräts, Entwicklung des Cargo-Geschäfts und des europäischen Wettbewerbs vorhandene und neue Flughafenstandorte?
2. Wie können bis zur notwendigen Schließung der drei innerstädtischen Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld in den nächsten 10 Jahren Entlastungen für die Betroffenen herbeigeführt werden und wie sollten die betroffenen Gemeinden und Bürgerinitiativen in den Prozess einer neuen Flughafenpolitik einbezogen werden?
3. Wie kann die notwendige wirtschaftliche Kapazitätsnutzung der vorhandenen Flughäfen mit dem Ziel der Befriedigung möglicher Zuwachsraten in den nächsten 10 Jahren und die Herstellung der Profitabilität des Berliner Flughafensystems sichergestellt werden?
4. Sind Kooperationsmodelle mit anderen ostdeutschen Ländern und Flughafengesellschaften/Flughäfen möglich und wie kann eine Zusammenarbeit organisiert werden, die alle ostdeutschen Flughäfen als geeinten Anbieter auftreten lässt?
5. Sollte ein Zukunftsflughafen mit der klaren Chance der Wirtschaftlichkeit von der öffentlichen Hand oder von Privaten gebaut und betrieben werden?
6. An welchem Standort ist eine Entwicklung möglich, die Wirtschaftlichkeit im europäischen Flughafensystem sicherstellt?
7. An welchem Standort sind die geringsten Risiken für Mensch und Natur?
8. An welchem Standort wird im Interesse der Umwelt durch Anbindung an das Schienennetz der günstigste Modalsplit (Anreise individuell per PKW oder mit öffentlichem Verkehrsmitteln) erreicht?
9. Welcher Standort für die Start- und Landebahnsysteme und welches Konzept eines Großflughafens ermöglicht eine innerstädtische Passagierabfertigung bei günstigster Anbindung durch öffentliche Verkehrsmittel und schnellster Erreichbarkeit der Gates durch Schienenanbindung von der Abfertigung zur Rollbahn?
10. Welcher Standort bietet für die Entwicklung des Flugverkehrs, des Fluggeräts und der Ausbaufähigkeit der Infrastruktur für 100 Jahre die besten Voraussetzungen?
11. Für welchen absehbaren Bedarf können die Flächen der Berliner Flughäfen und des Baufeldes Ost beplant werden?
Kurzfristige Maßnahmen
Gefragt sind Sofortmaßnahmen zur Rettung der BBF vor Konkurs und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte.
Der Neuanfang muss zum Abbau von Schulden der Berlin Brandenburger Flughafengesellschaft (BBF) und damit öffentlichen Haushalte genutzt werden, die die Schulden der BBF tragen müssen.
Dieses Ziel soll über folgende Wege erreicht werden:
- Die Berliner Flughäfen werden zu einer Managementgesellschaft zusammengefasst und als Privatunternehmen konzipiert und geführt.
- Die gegenwärtigen Eigentümer (Berlin, Brandenburg, Bund) bleiben Eigentümer einer neu zu gründenden "Flughafen Aktiengesellschaft" Berlin Brandenburg (FABB), die die Flughäfen und die Tochtergesellschaften der heutigen BBF bis zur Privatisierung betreibt.
- Die Gesellschafter der FABB öffnen, mit dem Ziel der Privatisierung, die Aktiengesellschaft für kapital - und private Anleger und bereiten die Gesellschaft auf einen Börsengang innerhalb von 3 Jahren vor. Langfristiges Ziel ist eine Maximalbeteiligung der Öffentlichen Hand von 25%.
- Der Aufsichtsrat der Gesellschaft wird ausschließlich mit parteiunabhängigen Experten besetzt. Er führt die Gesellschaft politikfrei nach unternehmerischen Gesichtspunkten und setzt einen Vorstand ein, der keinem parteipolitischen Proporz unterliegt.
- Aufsichtrat und Vorstand der neuen FABB betreiben eine neue Standortsuche unter Einbeziehung der Flughafengesellschaften und Landesregierungen der neuen Länder.
Entscheidungen sind gefordert
Die Unterzeichnenden legen dieses Memorandum als ihren Vorschlag für eine Lösung vor, die im Gegensatz zu den Neubauplänen von Schönefeld eine sachgerechte Entscheidung einleitet und die Fortsetzung der sachfremden Entscheidungen stoppt. Es geht um eine Versachlichung der Berlin-Brandenburger Flughafenpolitik und darum, aus Fehlern zu lernen. Es geht um eine Flughafenpolitik die die neuen Länder gegenüber den westdeutschen Standorten Wettbewerbsfähig macht und einen Standort anbietet, der aufgrund seiner Lage ohne Einschränkungen betriebstauglich ist.
Ausblick
Ein neuer Großflughafen für die Region ist nur als Integrationskonzept der neuen Länder sinnvoll und wirtschaftlich vernünftig. Mit einem Integrationskonzept für einen Zukunftsflughafen würden die neuen Länder ein wettbewerbsfähiges Gegenkonzept gegen die entschlossenen Versuche westdeutscher Flughafenbetreiber umsetzen, die den Zukunftsmarkt des Luftverkehrs monopolisieren wollen. Mit dem richtigen Standort für die Zukunftsentwicklung des Luftverkehrs können die neuen Länder etwas anbieten, was an westdeutschen Standorten nicht mehr möglich ist - einen Großflughafen mit unbegrenzten Ausbaukapazitäten und unbegrenzter Nutzung im Tag- und Nachtflugbetrieb. Nur ein Flughafen mit diesen Voraussetzungen ist international gefragt und wettbewerbsfähig.
Wir, die Unterzeichner, auch in Vertretung von 70.000 direkt betroffenen Einwohnern in 18 Gemeinden und 100.000 Erholungssuchenden (Datschenbesitzer, Angler, Wassersportler, Jogger, Wanderer und Radwanderer) in den Erholungsgebieten im Südosten und Süden von Berlin, fordern die Verantwortlichen auf, sich auf der Grundlage dieses Memorandums einer konstruktiven zukunftsgewandten Diskussion zu stellen.
Konzept für einen Flughafen Berlin Brandenburg International
(Dieses Konzept ist ein nicht fortgeschriebenes Dokument, basierend auf den Erkenntnissen vom August 1999)
Vorwort
Zurück zur Vernunft
Die aktuellen Ereignisse um den Vergabeskandal im Privatisierungsverfahren zwingen Verantwortliche und Interessenten auf den Weg zurück zur Vernunft. Sachfremde Erwägungen dürfen nicht länger für weittragende Entwicklungen zugrunde gelegt werden.
Der BVBB veröffentlicht aus diesem Anlaß sein Konzept für einen Großflughafen Berlin Brandenburg International. Er will damit eine umfassende Diskussion einleiten. Es gilt zu verhindern, erneut durch aktivistischen und politisch motivierten Zeitdruck eine provinzielle Lösung umzusetzen.
Der Bürgerverein Brandenburg-Berlin e.V. (BVBB) fördert satzungsgemäß die kommunale und regionale Entwicklung. Er befürwortet die Ansiedlung eines Großflughafens für die Metropole BERLIN. Die Belastung der Bürger durch Verkehrsanlagen ist dabei zu reduzieren und eine Gefährdung ihrer Sicherheit und Gesundheit durch Flugverkehr zu vermeiden. Der Standort SCHÖNEFELD entspricht diesem Ziel nicht.
Um die sachfremden Erwägungen einer Standortentscheidung für SCHÖNEFELD zu belegen, hat der BVBB ein Konzept für einen Großflughafen Berlin Brandenburg International erarbeitet. Es zeigt im Rahmen eines Gesamtkonzeptes eine moderne und zukunftsgerichtete Lösung für das Berliner Flughafensystems auf.
Das Konzept konzentriert sich auf grundlegende Gedanken und ist in Einzelheiten entwicklungsfähig. Eingefügt sind Überlegungen, die in den vergangenen Jahren durch eine Reihe renommierter Autoren geäußert wurden.
Zeuthen, im August 1999
Flughafen Berlin Brandenburg International am richtigen Standort
Gute Voraussetzungen im europäischen und transkontinentalen Luftverkehrsnetz
Die Öffnung des mittel- und osteuropäischen Raumes für einen freien Luftverkehr seit Anfang der neunziger Jahre und die Entwicklung des asiatischen Luftverkehrs eröffnet die Marktchancen für ein neues Luftdrehkreuz mit transkontinentalen Verbindungen in der Region um BERLIN.
Die großen internationalen Drehkreuze in Europa liegen in den westeuropäischen Bevölkerungszentren LONDON, PARIS, FRANKFURT AM MAIN UND AMSTERDAM.
Nordost- und Südostverkehr werden von WIEN und KOPENHAGEN aus angeboten. WARSCHAU ist entwicklungsfähig.
Verkehrsgeographisch bleibt jedoch im Viereck zwischen den Flughäfen FRANKFURT AM MAIN - KOPENHAGEN - WIEN - WARSCHAU unter transkontinentalen Aspekten und dem zu erwartenden Wachstum Raum für ein weiteres Drehkreuz.
Chancen für Berlin / Brandenburg
Die Rückkehr von Regierung und Parlament nach BERLIN schafft attraktive Voraussetzungen für einen Standort in der Region um BERLIN. Im Einzugsbereich bis zu 200 km leben knapp 15 Millionen Menschen. Im engeren Verflechtungsraum Berlin/
Brandenburg beginnt sich der Dienstleistungssektor zu entfalten. Diese Kombination bevorzugt den Raum um BERLIN gegen die Standorte LEIPZIG und DRESDEN.
Die historisch bedingte Zersplitterung des Berliner Luftverkehrsangebotes auf drei innerstädtische Flughäfen bietet keine Ausbaumöglichkeit, die einem internationalen Wettbewerb standhalten könnte.
Ein internationales Luftverkehrsdrehkreuz hat sowohl den Ziel- und Quellverkehr der Region zu bedienen wie auch günstige Umsteigeverbindungen anzubieten.
Eine Zusammenfassung dieser wesentlichen Funktionen an einem Standort läßt sich für das Flughafensystem in Berlin/Brandenburg nur durch einen Neubau realisieren.
Prämissen für ein neues Internationales Drehkreuz
Ein neuer Flughafen kann sich gegen den Druck der etablierten konkurrierenden Flughäfen nur entwickeln und wettbewerbsfähig sein, wenn er höherwertige Leistungen für die Kunden des Flughafenbetriebes anbieten kann.
Zu diesen Leistungen gehören
» uneingeschränkter Flugbetrieb bei Tag und Nacht
» langfristige Erweiterungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für eine Abfertigung von über 50 Mio. Fluggästen im Jahr
- für den Flugbetrieb - Passagiere und Fracht -
- für sekundäre Wirtschaftseinrichtungen
» qualitativ hochwertige landseitige Verkehrsanbindung
- im Hochgeschwindigkeitsnetz der Eisenbahn
- im Schnellverkehrsstraßennetz
» optimale Erreichbarkeit aus den wirtschaftlichen Zentren des Einzugsbereiches
»·wirtschaftliche, dem jeweiligen Landverbrauch angepaßte Bodenpreise.
Zur Standortauswahl gelten darum als Vorbedingungen
» Errichtung unter minimaler Beeinträchtigung bestehender Siedlungsstrukturen
» Verträglichkeit mit gesetzlichen Umweltbelangen auch im Umfeld
» wirtschaftlich günstige topographische Verhältnisse
Im Umland von BERLIN bieten sich Standorte an, die diese Prämissen erfüllen. Im vergleichenden Raumordnungsverfahren von 1994 wurden sowohl JÜTERBOG-OST wie auch SPERENBERG als geeignete Standorte herausgestellt. Der Standort SCHÖNEFELD wurde als ungeeignet qualifiziert.
Der engere Verflechtungsraum als einheitlicher Planungsraum
Ein internationaler Verkehrsflughafen der angedachten Dimension ist ein Infra-strukturprojekt, das nicht isoliert von weiteren Großprojekten betrachtet werden kann. Dies gilt im besonderen für die Hauptstadt BERLIN, die als historische Altlast sowohl drei innerstädtische Flughäfen aufweist wie auch im Aufbau verkehrlicher und sozialer Infrastruktur planerischen Zwängen unterworfen war, aus denen Notlösungen entstanden. Die Öffnung des Umlandes sollte in BERLIN zu einer Abkehr vom Inseldenken führen, um die Entwicklung nachzuholen, die andere Metropolen bereits durchgeführt haben. Die bisher nicht vollzogene verwaltungsmäßige Vereinigung der beiden Länder Berlin und Brandenburg darf dabei kein Hindernis darstellen. Vielmehr sollten im Vorgriff auf die Einheit beider Länder Infrastrukturprojekte dieser Größenordnung als Wegbereiter eingesetzt werden.
Die raumplanerischen Möglichkeiten des Umlandes müssen mit den bevölkerungsbedingten und wirtschaftlichen Faktoren der zentralen Metropole zu einer optimalen Synthese vereinigt werden. Dabei müssen Altlasten aufgearbeitet werden.
Die bisher angedachten Lösungen
Das 1994 abgeschlossene vergleichende Raumordnungsverfahren ging offensichtlich von der politischen und verwaltungsmässigen Vereinigung der beiden Länder aus. Demzufolge verzichtete in Zusammenfassung der Untersuchungen die abschliessende Landesplanerische Stellungnahme (November 1994) auf eine positive Bewertung des vorhandenen Flughafens in SCHÖNEFELD und stellte die Standorte JÜTERBOG OST und SPERENBERG als in etwa gleichwertige Alternativen dar.
Mit der durch die Bevölkerung im Mai 1996 abgelehnten Vereinigung der beiden Länder wurde die Vorgabe grundlegend geändert. Ohne jede sachliche Begründung und unter dem Verdacht sachfremder Erwägungen wurde der zuvor als ungeeignet eingestufte Flughafen SCHÖNEFELD politisch durchgesetzt. Die Berliner Flughäfen TEMPELHOF und TEGEL sollen im Gegenzug geschlossen werden. Der geeignetere Standort in SPERENBERG wird weiterhin als Reserve vorgehalten - allem Anschein nach als eine Lösung nach dem zu erwartenden Scheitern eines Großflughafens SCHÖNEFELD durch das Planfeststellungsverfahren.
Die weitere Planung wie auch die formale - noch nicht rechtskräftige - Privatisierung zeigen, daß die erforderlichen Voraussetzungen für ein internationales Luftdrehkreuz nicht erfüllt waren. Die wesentlichen Gründe sind im folgenden aufgezählt.
» Ein uneingeschränkter Betrieb ist wegen bestehender Siedlungsstrukturen in den An- und Abflugkorridoren nicht möglich
» die gesetzlich vereinbarten Umweltbelastungsgrenzen sind im Umfeld nicht einhaltbar
» Erweiterungs- und Entwicklungsmöglichkeiten fehlen
» die Anbindung mit Schiene und Straße bleibt qualitativ geringwertig
» die wirtschaftlichen Zentren des Einzugsbereiches werden nicht optimal angeschlossen
» die Bodenpreise sind risikobehaftet und wenig verträglich für ein flächenintensives Projekt
» die Umsiedlungskosten und die Folgekosten für Lärm- und Katastrophenschutz sind nicht kalkulierbar.
Die Aussicht, einen Flughafen zu planen, dem wahrscheinlich keine Baugenehmigung erteilt werden kann, oder einen Flughafen zu errichten, der der internationalen Entwicklung des Luftverkehrs wegen fehlender Erweiterungsmöglichkeiten nicht folgen kann und eine Lebensdauer von höchstens 20 bis 30 Jahren aufweisen würde, muß private Investoren zur Vorsicht bringen. Die Vielzahl der verbleibenden Risiken wird demzufolge der öffentlichen Hand und damit dem Steuerzahler aufgebürdet.
Der vollständige Rückzug internationaler Bieter beim Privatisierungswettbewerb
unterstreicht diese Einschätzung. Die in der Ausschreibung zur Privatisierung vorgeschlagene Flughafengebühr, die bereits vor der Eröffnung des Flughafens ein Viertel der Gesamtkosten einspielen soll, bekräftigt die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit des geplanten Flughafens.
Konkurrierende Planungen und Überlegungen
Bis zum Jahre 1996 gab es beachtenswerte Konzepte für Bau- und Privatisierung für einen Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) am Standort SPERENBERG. Ein Konsortium aus Bank-, Bau- und Luftfahrtgesellschaften (Deutsche Bank, Holzmann und Lufthansa) legte machbare Lösungen vor. Sie wurden durch den zeitgleich erfolgten politischen Beschluß, den Ausbau des Flughafens Schönefeld zu favorisieren, überrollt. Die Hauptverantwortung für diese Entwicklung trägt Brandenburg. Verfassungsrechtlich konnte niemand Brandenburg zwingen, auf die Standorte JÜTERBOG-OST oder SPERENBERG zu verzichten.
Die Vorhaltung des Ersatzgeländes SPERENBERG läßt sich nicht beliebig lange durchsetzen. Die ausgesprochene Veränderungssperre ist - sollen Schadensersatzansprüche unwirksam bleiben - nur von kurzer Dauer. Von einer Parallelplanung für diesen Standort ist bisher nichts bekannt. Sie müßte jedoch in kürzester Frist einstellbar sein, sollte die Erkenntnis greifen, daß SCHÖNEFELD nicht durchsetzbar ist.
Als weitere Planung für einen internationalen Flughafen im Nordosten Deutschlands bietet sich der Standort STENDAL-BUCHHOLZ in Sachsen-Anhalt an. Seine Lage zu wirtschaftlichen Zentren ist optimal. Er erschließt zusätzlich die westlich gelegenen Räume um HANNOVER und HAMBURG.
Der Standort ist durch ein Raumordnungsverfahren als geeignet eingestuft. Die Planung wird durch die AIRAIL AG Berlin ausgeführt.
Der Standort erfüllt die folgenden Bedingungen:
» uneingeschränkter Flugbetrieb
» Erweiterungs- und Entwicklungsmöglichkeiten
» hochwertige Verkehrsanbindung
» verträgliche Bodenpreise
» geringfügige Beeinträchtigung bestehende Siedlungsstrukturen
» Verträglichkeit mit Umweltbelangen
» günstige topographische Verhältnisse.
Der Flughafen LEIPZIG rüstet sich für erhöhte Luftverkehrsaufkommen auch für den Langstreckenbetrieb. LEIPZIG verzichtet bisher auf Nachtflugbeschränkungen. Eine besondere Abfertigungsgebühr wird nicht erhoben. Seine günstigen Anschlüsse an die hochwertigen Netze von Straße und Schiene lassen ihn auch entfernungsmäßig zum Konkurrenten eines Flughafens Berlin Brandenburg International heranwachsen. Gegen einen innerstädtischen Standort SCHÖNEFELD ist LEIPZIG in jedem Fall wettbewerbsfähig.
In BERLIN wächst aus unterschiedlichen Interessengruppen Konkurrenz im eigenen Hause: die Flughäfen TEGEL und TEMPELHOF könnten als Flughäfen mit Sonderaufgaben bestehen bleiben.
In Brandenburg sieht das Flugplatzkonzept den Standort FINOW als Spartenflugplatz für Fracht vor. Diese Überlegungen schwächen das für einen wirtschaftlichen Betrieb SCHÖNEFELDS erforderliche Aufkommen deutlich.
Ein Konzept unter Berücksichtigung der Nachnutzung der Berliner Flughäfen
Ein Konzept für einen Flughafen Berlin Brandenburg International hat somit sowohl die eingangs genannten Prämissen zu erfüllen als auch die Nachnutzung der drei Berliner Flughäfen zu berücksichtigen.
Der Standort SPERENBERG bietet für eine Entwicklung zum Drehkreuz für den transkontinentalen Luftverkehr die allerbesten Voraussetzungen. Hier können verkehrliche Dienstleistungen angeboten werden, die den Flughafen gegenüber allen Konkurrenten wettbewerbsfähig ausweisen.
Die langjährige Nutzung als Militärflugplatz hat das Gelände wie auch die Umgebung in der zivilen Entwicklung erheblich behindert. Es gibt daher so gut wie keine Anrainer. Uneingeschränkter Nachtflug kann angeboten werden. Die Verkehrsverbindungen sind optimal entwicklungsfähig. Die vorhandene Schienenverbindung kann genutzt werden, Schnellfahrverbindungen von BERLIN nach LEIPZIG und DRESDEN sind ausbaufähig. Der Anschluß des Flughafens durch die Magnetschnellbahn bei Verlängerung der Strecke HAMBURG - BERLIN bietet sich an. Das Gelände ist schienenmäßig großzügig erschlossen. Grund und Boden befinden sich in Bundeseigentum. Entwicklungsflächen sind in der Nachbarschaft reichlich vorhanden. Die Bodenpreisrichtwerte sind niedrig. Ökologische Eingriffe sind ausgleichbar.
Die Flughäfen TEGEL und SCHÖNEFELD werden geschlossen. Ihre Flächen sind zur Nachnutzung verfügbar.
Die Fläche des Flughafens SCHÖNEFELD einschließlich des zusätzlich erworbenen Baufelds Ost wird zum neuen Standort der Berliner Messe entwickelt. Das begrenzte Gelände am Funkturm bietet keine weitere Entwicklungsmöglichkeit für einen wettbewerbsfähigen internationalen Messeplatz mit Zukunft. Die Internationale Luftfahrtausstellung wird durch die Einbindung in die Messe aufgewertet. Darüber hinaus ist überlegenswert, ob die begonnene Ansiedlung von Trainingszentrum und Reparaturwerft für Geschäftsflugzeuge in Verbindung mit einem Sonderlandeplatz ausbaufähig sein kann. In Verbindung mit dem benachbarten Innovationszentrum Adlershof kann sich hier ein dem Luftverkehr verbundenes Entwicklungszentrum herausbilden.
Fläche und Gebäude des Messegeländes am Funkturm können zu einem internationalen Standard entsprechenden Veranstaltungszentrum mit Sporteinrichtungen und Hallen für Großveranstaltungen umgewandelt werden.
Das Flughafengelände in TEGEL wird Wohnland. Die Fläche bietet herausragende Möglichkeiten, das Angebot an innerstädtischem Wohnraum zu erhöhen und der Abwanderung aus BERLIN entgegenzuwirken.
Der stadtzentrale Standort des Flughafens TEMPELHOF bietet in mehrfacher Hinsicht eine ideale Ergänzung des Flughafens Berlin Brandenburg International in SPERENBERG. Sein Erhalt als Verkehrsflughafen für bestimmte Aufgaben wird hierdurch gerechtfertigt. Darüber hinaus wird eine wirtschaftlich sinnvolle und ertragreiche Nutzung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudekomplexes gewährleistet.
Eine ausdrückliche Begrenzung auf bestimmte Luftverkehrsarten, z.B. der generelle Ausschluß von Linienverkehrsflügen, ist nicht erforderlich. Eine solche Begrenzung ergibt sich aus der Beschaffenheit des Start- und Landebahn-Systems, das für Verkehrsflugzeuge das Abfluggewicht beschränkt und infolgedessen die mögliche Reichweite reduziert.
Damit bliebe der Flughafen TEMPELHOF zusätzlich für die Allgemeine Luftfahrt, insonderheit den Geschäftsreiseflug und Werksverkehr mit firmeneigenem Fluggerät erhalten. Das gilt ebenso für Flüge im Rahmen der medizinischen Versorgung wie für den Regierungsverkehr mit Luftfahrzeugen.
Aus Standort der Anlage und Begrenzung der Reichweite resultiert sein Vorzug, dem innereuropäischen Regionalflug-Linienverkehr, vornehmlich für Geschäftsreisen, vorbehalten zu bleiben.
Darüber hinaus eignet er sich als stadtzentrales Terminal für Fluggäste, die Fluglinien von oder nach SPERENBERG nutzen. Der Flughafen TEMPELHOF könnte zu diesem Zweck über eine Strecke der Magnetschnellbahn HAMBURG - BERLIN mit dem Flughafen Berlin Brandenburg International verbunden werden. Eine solche Linienführung liegt bei Verlängerung der Strecke nach Süden nahe. Die Fahrzeit bewegt sich im Viertelstundenbereich.
Zusätzlich bietet eine bestehende, lediglich instand zu setzende Bahntrasse vom Flughafen TEMPELHOF über das Berliner Bahnsystem einen idealen Anschluß an das vorgeschlagene Messegelände in SCHÖNEFELD.
Es wäre auch denkbar, die Bahnverbindung durch eine Magnetschnellbahn zu ersetzen und damit den Stadtflughafen TEMPELHOF über das neue Messegelände mit dem Flughafen BBI zu verbinden.
Komponenten dieser Konzeptidee wurden bereits vor geraumer Zeit von DaimlerChrysler Immobilien als denkbare Alternative zum Konzept SCHÖNEFELD zur Diskussion gestellt.
Das Konzept kann noch realisiert werden
Mit einem umfassenden Konzept können Brandenburg und Berlin eine Entwicklungsvorgabe anbieten, die in ihren Investitionsmöglichkeiten internationale Beachtung findet. Nur Projekte dieser Größenordnung ziehen namhafte Investoren und Kapital aus dem In- und Ausland an. Sie schaffen für die Region und die Metropole ein zukunftsweisendes Image, das vielfältige positive Anziehungskraft ausübt.
Dieses Konzept befördert den Strukturwandel und die wirtschaftliche Entwicklung Berlins und Brandenburgs. Es entspricht auch den Anforderungen an die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung außerhalb des engeren Verflechtungsraumes um Berlin, der als "Speckgürtel" bereits wirtschaftliche Eigendynamik erzeugt.
Noch ist Zeit, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen. Es bedingt den Mut zur großen Lösung und den freiwilligen Ausstieg aus dem Projekt SCHÖNEFELD, bevor dieser durch Rechtsprechung, durch die Bevölkerung oder wegen unüberwindbarer wirtschaftlicher Hürden und Risiken für die öffentlichen Haushalte erzwungen wird.
Wer im Standort STENDAL-BUCHHOLZ eine wirtschaftliche Gefahr für die Region Berlin sieht, wer LEIPZIG als Wettbewerber für SCHÖNEFELD einkalkuliert, muß ein umfassendes Konzept für einen Großflughafen Berlin Brandenburg International bejahen.
Es ist nicht zu spät
Vor dem Hintergrund der Gesamtentwicklung des internationalen Luftverkehrs ist ein umfassendes Konzept zur Zukunftssicherung des Großflughafens für die Region Ber-lin/Brandenburg unabhängig von der Entwicklung an konkurrierenden Standorten realisierbar.
Die Kapazitäten der Standorte FRANKFURT AM MAIN, DÜSSELDORF, MÜNCHEN und LEIPZIG sind begrenzt beziehungsweise erschöpft.
Auch für den Standort SCHÖNEFELD ist bis zu seiner Erschöpfung ein Zeithorizont von nicht einmal 30 Jahren anzunehmen.
Aus diesen Gründen kommt es nicht darauf an, ob ein transkontinentales Luftdrehkreuz Berlin Brandenburg International im Jahre 2007 oder 2010 den Betrieb aufnimmt.
Entscheidend sind Wettbewerbs- und Ausbaufähigkeit, die Kapazitätssteigerungen bis weit über das Jahr 2050 hinaus ermöglichen.
Der Bürgerverband Brandenburg-Berlin e.V.
Zielsetzung
Das notwendige neue Konzept muß einer Vielzahl von Anforderungen entsprechen. Dazu gehören u.a.:
· Der Standort muß die Errichtung eines leistungsfähigen, schrittweise erweiterbaren Flug- hafens mit Drehkreuzfunktion und uneingeschränktem 24-Stunden-Betrieb ermöglichen.
· Der neue Flughafen muß gut erreichbar sein. Er muß mit Berlin und der Region über ein leistungsfähiges Schienen- und Straßennetz verbunden sein.
· Die sinnvolle Substitution von Kurzstrecken-Luftverkehr durch den Schienenverkehr muß durch eine optimale Einbindung in das internationale Hochgeschwindigkeits- Schienennetz ermöglicht werden.
· Die Belastung der Menschen und der Umwelt muß so gering wie möglich sein.
· Der neue Flughafen muß sich rechnen. Nur dann wird es möglich sein, privates Kapital zu erhalten."
Der BVBB hat sich 1995 mit dem Ziel gegründet, die politische Entscheidung zur Schließung der Berliner Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld zugunsten eines Großflughafens in Brandenburg aufmerksam zu begleiten.
Das im November 1994 abgeschlossene Raumordnungsverfahren kam im Vergleich der Standorte Jüterbog-Ost, Schönefeld-Süd und Sperenberg eindeutig zu der Feststellung: Der Standort Schönefeld ist ungeeignet.Deshalb erklärt sich der BVBB kompromißlos gegen jeden Ausbau des Flughafens Schönefeld und spricht sich für die Errichtung des Großflughafens an einem geeigneten Standort aus. Das starre und sachlich nicht mehr nachvollziehbare Festhalten der politisch Verantwortlichen an Schönefeld würde der Region Berlin-Brandenburg langfristig ganz erheblichen Schaden zufügen. Das zu verhindern hat sich der BVBB zum erklärten Ziel gesetzt.
Der Konsensbeschluß
In der Empfehlung an die Berlin-Brandenburgische Flughafengesellschaft, den Standort Schönefeld auszubauen, ist ausdrücklich Sperenberg als Reserve für den Fall vorgesehen, daß die Entscheidung für Schönefeld vor Gericht keinen Bestand hat."
Manfred Stolpe, Ministerpräsident des Landes Brandenburg am 29.05.96 im Deutschlandradio
Am 28. Mai 1996 bestimmten Bundesverkehrsminister Wissmann, der Brandenburger Ministerpräsident Stolpe und der Regierende Bürgermeister von Berlin Diepgen in einem gemeinsamen Beschluß Schönefeld als Standort für den neu zu errichtenden Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI).
Dieser sogenannte Konsensbeschluß besagt im wesentlichen folgendes:
Der Großflughafen BBI wird am Standort Schönefeld errichtet. Er soll überwiegend privat finanziert und betrieben werden.
Der Standort Sperenberg ist für den Fall vorzuhalten, daß sich Schönefeld gegen den Widerstand der Bevölkerung und wegen juristischer Hemmnisse nicht durchsetzen läßt.
Bis zur Inbetriebnahme des Großflughafens BBI sollen die Berliner Flughäfen Tempelhof und Tegel schrittweise geschlossen werden.
Wie ist die Tragfähigkeit dieses Beschlusses auf Dauer einzuschätzen?
Inzwischen hat man herausgefunden, daß nur eine politische Willenserklärung ohne jede rechtliche Bindungswirkung unterschrieben wurde. Der Konsensbeschluß könnte sich demnach als sehr brüchig erweisen. Dies wäre auch folgerichtig, da eine Entscheidung für Schönefeld keinem der Beteiligten dient:
· Aus Berliner Sicht bietet der Standort Schönefeld zwar möglicherweise kurzfristige Vorteile in Form von Arbeitsplätzen und Steuereinkommen, zudem würde die Barriere des Großflughafens den anhaltenden Bevölkerungsexodus ins südliche Berliner Umland praktisch zum Erliegen bringen.
· Andererseits sind die bestehenden Stadtflughäfen eine stabile Einnahmequelle und tragen wesentlich zur Attraktivität der Stadt bei. Dies wird von den Verantwort- lichen zunehmend erkannt, wie die anhaltende Diskussion um die Offenhaltung von Tegel deutlich macht.
· Brandenburg verstößt mit dem Konsensbeschluß gegen grundlegende Landes- interessen, wonach u.a. strukturfördernde Maßnahmen der Entwicklung struktur- schwacher Gebiete vorbehalten sind.
· Die Ansiedlung des Großflughafens in dem sich ohne staatliche Finanzhilfen ent- wickelnden "Berliner Speckgürtel" ist damit unverantwortlich. Indem es Bonn und Brandenburg ohne Not unterlassen, auf einem zukunftsträchtigen Standort für den Großflughafen zu bestehen, fügen sie der Idee eines internationalen Luftverkehrskreuzes bei Berlin schweren Schaden zu. Bei einer weitsichtigen Entscheidung, die auch die nach wie vor angestrebte Fusion von Berlin und Brandenburg berücksichtigen müßte, wäre die Errichtung eines Großflughafens in unmittelbarer Stadtrandlage wohl von keinem der Beteiligten auch nur ernsthaft erwogen worden.
Dies läßt vermuten, daß die politische Entscheidung für Schönefeld aus anderen als sachlichen Erwägungen gefallen ist, denn der Standort Schönefeld bietet in der Tat den großen Vorteil, den aufgrund politischer Inkompetenz bald zur Milliardenhöhe wachsenden Schuldenberg der BBF abzutragen. Der Dumme ist am Ende ohnehin wieder einmal der Steuerzahler.
Wirtschaftlichkeit
Grundsätzlich müßten jedoch die privaten Interessenten die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten übernehmen. Die Gesellschafter der Flughafen Holding BBF - Bund, Berlin und Brandenburg- hätten sich zu nichts verpflichtet.
Jürgen Linde, Brandenburgs Staatskanzleichef und BBF Aufsichtsrat im Brandenburger Landtag, dpa v. 22.01.98
Spätestens am 02. März 1998, als um 13.30 h eine Boeing 767 der Delta Air zum vorerst letzten Flug nach New York von Berlin-Tegel abhob, muß den Betreibern der Flughäfen Berlins deutlich geworden sein, wie weit sie noch von einem wirtschaftlichen Betrieb entfernt sind. Der Berliner Flugverkehr ist endgültig in die Zweitklassigkeit abgestiegen. Ein Neuanfang ist schwer.
Diese Misere ist hausgemacht. Anfang der 90er Jahre bestand die Chance, die Veränderungen in Europa für eine Internationalisierung des Flugverkehrs in Berlin-Brandenburg zu nutzen. Die Einladung an Berlin zum Mitspielen im Konzert der Großflughäfen in Europa war gegeben. Die Eigenwirtschaftlichkeit ohne Subventio- nen für die Flughäfen Berlins winkte. Private Investoren drängten auf Entscheidungen, weil sie damals Chancen sahen.
Ein Standort nahe der Hauptstadt Berlin im nordöstlichen Deutschland ist der geeignete Ansatzpunkt für ein neues internationales Drehkreuz, wenn er den entscheidenden Vorteil aufweist, ohne jede Kapazitätseinschränkung durchgängigen Flugbetrieb für Passagiere und Fracht anbieten zu können. Hierdurch würde er den Konkurrenten überlegen und könnte einem Investor oder Betreiber einmalige Startchancen im europäischen Markt bieten.
Die offiziellen Prognosen der BBF von 30 und später von 60 Mio. jährlicher Passagieren waren zwar euphorisch, als langfristiges Planungsziel zur Sicherung der Erweiterung jedoch nicht völlig abwegig.
Frühzeitig war aus nahezu hundert Möglichkeiten ein Flughafenstandort für eine ausbaufähige, wirtschaftliche und sogar umweltverträgliche Lösung gefunden worden: der ehemalige größte sowjetische Militärflugplatz nahe dem Ort Sperenberg, ca. 50 km südlich von Berlin.
Der Standort Sperenberg entspricht dem Leitbild der brandenburgischen Landesplanung zur "dezentralen Konzentration", d.h. der Entwicklung wirtschaftlich schwächerer Landesteile:
· die umliegenden Gemeinden wären Kernpunkte zukünftiger Entwicklung
· neue verkehrlichen Anschlüsse erbrächten zusätzlich übergeordnete Wirkung
· neue Arbeitsplätze würden sich entwickeln
Mit einem Flughafen Sperenberg
· wäre ein nahezu uneingeschränkter 24-Stunden-Betrieb möglich
· Erweiterungsmöglichkeiten wären günstig zu sichern
· die Kosten für Grunderwerb blieben überschaubar
Bereits vor dem Abschluß des Raumordnungsverfahrens gab es in Schönefeld überraschend viele Grundstückskäufe von privater und öffentlicher Hand, ein- schließlich des Kaufs des sogenannten Baufeldes Ost durch die BBF.
Der politische Wille richtete sich fortan stärker auf Schönefeld aus. Dabei verloren die Verantwortlichen die Wirtschaftlichkeit des Flughafens gänzlich aus den Augen. Internationale Fluggesellschaften verließen Schönefeld. Die Erwartungen an den als "Single-Airport" geplanten Flughafen in Schönefeld mußten ständig nach unten korrigiert werden.
Heute rechnet man bei Eröffnung des neuen Flughafens mit weit unter 20 Mio. Passagieren. Private Investoren können mit einer solchen Entwicklung nicht leben, es sei denn, die wirtschaftlichen Risiken lassen sich auf die öffentliche Hand abladen.
Wirtschaftliche Risiken
Fehlende Anschlußflüge
Ein Großflughafen lebt von umsteigenden Passagieren, denn ein Passagier zahlt Abfertigungsgebühren für jeden Flug. Ein Flughafen ohne Anschlußflüge ist also schlechter dran. Nur internationale Flüge ziehen Anschlußflüge nach sich. In Frankfurt sind über 50 % der Passagiere Umsteiger, in Berlin weniger als 2 %. Der Berliner Flughafen muß für internationale Flüge attraktiv werden, sonst bleibt er Regionalflugplatz.
Geringes Eigenaufkommen
Im Einzugsbereich bis 200 km um Berlin leben knapp 15 Mio. Menschen. Als Eigenmarkt für einen Großflughafen ist dieses Aufkommen zu gering. Dies gilt für Sperenberg wie für Schönefeld. Vergleichbar wohnen und arbeiten um den Flughafen Frankfurt / Main 35 Mio. Menschen in einem der mächtigsten Wirtschaftsräume Europas.
Internationale und nationale Konkurrenz
Geographisch bietet Berlin bemerkenswerte Vorteile. Für interkontinentale Flüge jedoch spielen 500 km Entfernung keine Rolle: Frankfurt, München, Wien, Kopenhagen, bald auch Warschau sind zu beachten. Nur wenn Berlin mehr bietet, kann sich der neue Standort durchsetzen. Fast ohne Nachtflugeinschränkungen könnte Sperenberg allen europäischen Konkurrenten überlegen sein. Schönefeld dagegen nicht.
Leipzig und Dresden bauen ihre Flughäfen zügig aus. Während Dresden mittelfristig auf eine Kapazität von 5 Mio. Fluggästen im Jahr hinarbeitet, hat Leipzig bereits anspruchsvollere Pläne. Berlin droht damit nicht nur Stagnation, sondern sogar eine Abwanderung von Passagieren.
Regionale Konkurrenz
Besorgt schauen die Schönefeld-Planer ins Land Brandenburg, wo in engster Nähe zum Großflughafenprojekt Spartenflughäfen geplant sind, die sich um lukrative Marktsegmente bemühen: Nauen, Groß-Dölln, Eberswalde-Finow, Schönhagen, Neuhardenberg verfügen über ausbaufähige Komponenten für Flughäfen und können sogar mit finanzieller Förderung der Landesregierung rechnen. Das bereits diskutierte Gegenmittel einer Bannmeile von 100 km um den Standort Schönefeld ist in einer Marktwirtschaft nicht durchzusetzen.
Stadtflughäfen
In Berlin kann man sich mittlerweile gut eine Entwicklung vorstellen, wie sie auch in London, Paris, Rom, New York und an anderen Plätzen stattgefunden hat: Aufrechterhaltung der innerstädtischen Flughäfen. Die ständige Diskussion um eine Erweiterung Tegels ist Zeichen hierfür. Aus welchen Gründen auch immer diese Entwicklung unterstützt wird: der Wirtschaftlichkeit eines Ausbaues Schönefelds zum Großflughafen ist sie nicht dienlich, für ein Drehkreuz in Sperenberg könnte ein Stadtflugplatz eine Ergänzung sein.
Wirtschaftsbereiche außerhalb des Flugbetriebes
Die Planer des Flughafens versprechen, die Einnahmelücken mit Vorhaben stopfen zu können aus dem "Non-Aviation"-Bereich - wie Büroflächen, Gastronomie, Freizeiteinrichtungen und Einkaufspassagen. Die Prognosen der Industrie- und Handelskammer zu Berlin lassen für einen solchen Optimismus nicht den geringsten Spielraum. Die im Jahr 2000 erreichte Verkaufsfläche von 4,1 Mio. m² entspricht einer Kaufkraft, die erst 10 Jahre später erreicht sein wird.
Die Verkaufsfläche je Einwohner liegt in Berlin höher als in Hamburg oder München, allerdings bei einer Kaufkraft, die um ca. 30 % unter der in den beiden Städten liegt. Pleiten und Leerstände wären vorprogrammiert.
Hotels am Flughafen rechnen sich nur bei Möglichkeiten zu großräumiger Anbindung für entsprechende Kunden. Ein Flughafen von regionaler Bedeutung ist kein Ort für internationale Kongresse und selbst die Stewardessen fahren dann zum Übernachten nach Hause.
Freizeiteinrichtungen am Flughafen beschränken sich aufThemen um das Flug- zeug. Sie ziehen lediglich einen geringen Bevölkerungsanteil an. Einnahmelöcher werden sich so nicht stopfen lassen.
Konkurrenz durch die Schiene
Von den gut 11 Mio. Fluggästen der drei Berliner Flughäfen im Jahr 1997 sind 5,5 Mio. dem Inlandsverkehr zuzurechnen. Im Einklang mit der verkehrspolitischen Zielsetzung werden in Zukunft auch immer mehr Fluggäste aufdie Bahn umsteigen, weil diese letztlich schneller und komfortabler sein wird. Der ICE fährt von City zu City ohne Stau, Check-in, Parkplatzsorgen oder nervtötende Sicherheitskontrollen. Die Fahrzeiten werden sich durch den Einsatz leistungsstärkerer Triebzüge drastisch verkürzen. Der Transrapid mit seiner Referenzstrecke von Berlin nach Hamburg wird ein übriges beitragen.
Einige Beispiele:
Transrapid nach Hamburg ab 2005 00:52 Std.
ICE nach München ab 2006 03:45 Std.
ICE nach Frankfurt ab 1999 04:05 Std.
ICE nach Köln ab 1999 04:30 Std.
Berlin wird es schwer haben, Passagiere in die Luft zu bekommen. Nur internationale Verbindungen bringen Leben in den geplanten Flughafen.
Fehlende Verkehrsanbindung
Der scheinbare Vorteil der Stadtnähe Schönefelds erweist sich als Risiko insofern, als eine Vielzahl von Verkehrsverbindungen neu- und ausgebaut werden müssen, denn Schönefeld liegt zur Zeit abseits der Verkehrsachsen.
Folgerichtig schrumpfte die Schlange der vielen potentiellen Bewerber für den Bau des geplanten Großflughafens in Schönefeld und für die Privatisierung der Flughafen Holding BBF aufzwei mögliche Investoren zusammen.
Finanzierung
"Wir haben den Auftrag gegeben, einen Flughafen zu planen, der sich privat finanziert."
Jürgen Linde, Brandenburgs Staatskanzleichef und BBF Aufsichtsrat
Der Flughafen Berlin Brandenburg International soll mit privatem Kapital ausgebaut werden. In einem mehrstufigen Verfahren werden Investoren gesucht, die mit Übernahme von 74,9 % der Kapitalanteile der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) GmbH das Recht zum Bau und Betrieb des Flughafens erwerben. Privates Kapital ist nur zu erhalten, wenn sich der Flughafen "rechnet".
Private Finanzierung bedeutet nicht, daß Eigenkapital des Investors in Höhe der Investitionskosten eingesetzt wird: Beim Athener Flughafen, dem ersten privat finanzierten Flughafen in Europa, beträgt der Eigenkapitalanteil der Investoren gerade 6% der Investitionssumme von rund 4 Mrd. DM. Der Vorteil dieses Finanzierungskonzeptes ist die scheinbare Nichtbelastung der öffentlichen Haushalte. Jedoch erhalten diese später auch keine direkten Einnahmen aus dem Vorhaben.
Für den Ausbau am Standort Schönefeld werden die Grundinvestitionen mit etwa 8 Mrd. DM angegeben. Diese Kosten werden von den Planern durch intelligentes Baumanagement und auch andere Maßnahmen auf 5,3 Mrd. DM runtergerechnet. Das sind Zahlen, die im übrigen auch für den Ausbau in Sperenberg genannt wurden.
Die Länder Berlin und Brandenburg gehen davon aus, für die Finanzierung des Flughafens keine öffentlichen Zuschüsse einsetzen zu müssen. Als Grundlage der Finanzierung sollen private Mittel und insbesondere die Überschüsse der drei Flughäfen eingesetzt werden. Die aufgelaufenen Schulden möchten die derzeitigen Gesellschafter aus den Verkäufen der Grundstücke in Tegel und Tempelhof ausgleichen.
Dieser Ansatz ist risikoreich:
· Überschüsse der BBF sind nicht vorhanden: 1996 ergab sich ein Minus von 41,4 Mio. DM, 1997 ein solches von 22 Mio. DM.
· Verbesserungsmöglichkeiten sind kaum zu erkennen: Die Landegebühren sind bereits vergleichsweise hoch, interkontinentale Flüge sind weggefallen, die Einnahmen aus den Duty-free-Shops fallen bei Europaflügen zukünftig fort, hohe Erwartungen hinsichtlich Einnahmen aus Einkaufszentren und Büroflächen sind zumindest fraglich.
· Zukünftige Überschüsse stünden ohnehin in keinem Verhältnis zu den Finanzierungsanforderungen in den Baujahren. Eine zusätzliche Zwischenfinanzierung würde die Bilanz erheblich belasten.
· Das für den Flughafen nutzlose Baufeld Ost läßt sich nicht rentierlich einsetzen oder vermarkten, jedoch steht es mit Krediten von 552 Mio. DM in der Bilanz.
· Der Zwischenausbau des Flughafens Tegel belastet mit 124 (bis 230) Mio. DM und ist mit der geplanten Inbetriebnahme von Schönefeld im Jahr 2007 abzuschreiben.
· Der zu erwartende Rechtsstreit über die Schließung von Tempelhof bringt zusätzliche Kosten.
· Die Gesamtbelastung der BBF beläuft sich inzwischen, mit Altlasten und Zinsbelastung, auf885 Mio. DM und wird wohl in den nächsten Jahren weiter anwachsen.
Ebenso risikobeladen erweist sich die lückenhafte Auflistung der Investitionskosten, in der Vorlauf- und Folgekosten nicht berücksichtigt werden:
· Planungs- und Gutachterkosten in dreistelliger Millionenhöhe, bisher von Land und Ämtern getragen.
· die Umsiedlung aller Bewohner von Diepensee und eines Teils von Selchow und Kienberg und Schaffung entsprechender neuer Infrastruktur
· Straßenersatzmaßnahmen für Ortsverbindungsstraßen, die durch das Flughafengelände zerschnitten werden
· ausstehende Schadenersatzforderungen der "Airport-City" in Schönefeld und der "MedienStadt" in Selchow in zweistelliger Millionenhöhe
· Umfangreiche und aufwendige Lärmschutzmaßnahmen für Wohnhäuser, Schulen, Kita etc. in einer Vielzahl von Gemeinden präventiver Katastrophenschutz für die umliegenden Gemeinden
Weitere Kosten werden in der Rechnung der Planer der öffentlichen Hand zuge- dacht. Hierzu gehören z.B. die Kosten der Verkehrsanbindungen. Waren die Mehr- kosten der Verkehrsanbindung eines Internationalen Flughafens bei Sperenberg von ca. 1,36 Mrd. DM damals dem Bund zu hoch und wurden als Hauptgrund der Ablehnung genannt, so läßt der näher an Berlin liegende Standort Schönefeld bei den Verkehrsanbindungen keine Kostenminderung erwarten.
Grund hierfür ist die Vielfalt der Verkehrswege, die die Hauptaufkommensgebiete mit dem Flughafen verbinden wird: Fern- und Regionalbahn, Güterbahn, S-Bahn, U-Bahn mit jeweils getrennten Strecken und Bahnhöfen, Neubau von Autobahnanschlüssen und Ausbau von Bundesstraßen.
In der Dokumentation des Raumordnungsverfahrens addieren sich diese Verkehrs- anlagen für Schönefeld zu einem dichten Netz, während Sperenberg mit wenigen leistungsfähigen Strängen erschlossen werden kann. Es besteht kein Grund anzunehmen, daß diese grundsätzlichen Aussagen sich beim Ausbau Schönefelds ändern werden.
Aus Bundesmitteln werden die Vorhaben des Bundesverkehrswegeplanes - Neu- und Ausbau der Autobahnen und Bundesstraßen - finanziert. Ein Teil dieser Maßnahmen ist unabhängig von der Planung des Flughafens Schönefeld vorgesehen. Für weitere Vorhaben wird der Bund nur geringe Mittel beisteuern: 145 Mio. für die Anbindung der A 113 und der B 96, 200 Mio. DM für den Streckenbau des Flughafen-Expreß. Die Länder Berlin und Brandenburg müßten den Rest übernehmen und hierfür erhebliche Mittel bis zum Jahr 2007 und früher bereitstellen. Die Straßenausbauvorhaben müssen wegen der Bautransporte bereits zu Baubeginn vollendet sein. Die Schienenverkehrswege sind von den Ländern mitzufinanzieren. Es fällt schwer, sich vorzustellen, daß leere Kassen ohne Aussicht auf Refinanzierung diese Aufgabe er- füllen können.
So kann es kommen, daß der Investor einen Flughafen ohne leistungsfähigen landseitigen Anschluß erstellt. Ist jedoch der Flughafen nicht günstig erreichbar, lassen sich auch die Passagierzahlen nicht erhöhen. Ein Schrecken für jeden Investor.
Aussichten
"Ich erinnere mich gut: Als der Frankfurter Flughafen eröffnet wurde, sprachen alle von dem weißen Elefanten , der viel zu groß sei. Inzwischen ist er viele Male vergrößert worden."
Hans-Olaf Henkel, Vorsitzender des Vorstandes der Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH im Frühjahr 1996
Ein Flughafen ist ein Wirtschaftsunternehmen. Ein solches blüht nur, wenn es wächst. Es kann nur wachsen, wenn die Verhältnisse dies zulassen. Die Marktverhältnisse können durch das Management beeinflußt werden. Einige für die Expansion eines Flughafens wesentliche Faktoren sind dagegen dem Einfluß des Managements praktisch entzogen. Dazu zählt etwa die flächenmäßige Ausdehnung für zusätzliche Start- und Landebahnen und für die vielen benötigten Nebenanlagen. Ausdehnung meint aber auch in zeitlicher Hinsicht die Erweiterung der täglichen Betriebszeiten. Hier spielt der Standort eine entscheidende Rolle.
Ein Standort, der diese Bedingungen nicht erfüllen kann, verweigert von vornherein dem Wirtschaftsunternehmen Flughafen die Wachstumschancen und damit ein längerfristiges Überleben. Kurzsichtigkeit bei der Standortwahl führte wegen fehlender Ausdehnungsmöglichkeit schon vielfach zu kostspieligen Verlegungen. Für ein internationales Drehkreuz bei Berlin ist die Möglichkeit zum Bau einer dritten Landebahn unverzichtbar, wenn es langfristig mehr bieten will als Amsterdam, Frankfurt, Wien oder Kopenhagen, nämlich wachsen in der Fläche und Ausdehnung der Betreibszeiten.
Die Flughafenholding selbst warnt in einem Positionspapier im Januar 1995 vor den Risiken einer Standortwahl Schönefeld. Umsiedlungen, Einschränkungen für den Nachtflugbetrieb, Flächenerwerb, Gefährdung der Entwicklungsfähigkeit lauten die Kernaussagen der Papiere.
Beim Standort Schönefeld wird von vornherein und wissentlich Wachstumsmöglich- keiten ausgeschlossen. Die Kapazität des Flughafens wird von den Auslobern des Investorenwettbewerbs mit 30 Mio. Passagieren im Jahr festgeschrieben. Der Flughafen wird hierfür ausgelegt werden. Heute werden in Berlin 11 Mio. Passagiere jährlich gezählt. Bei erwarteten jährlichen Steigerungsraten im Luftverkehr von durchschnittlich 5% sind 30 Mio. Passagiere in 20 Jahren erreicht. Was geschieht dann mit dem "Single-Flughafen"? Darf er dann nicht mehr wachsen?
Natürlich möchte er gern, aber er kann nicht mehr. Die Metropole hat den Standort überrollt. Die Nachtstunden zu nutzen ist auch nicht mehr möglich. Zu viele Menschen wohnen in der Nachbarschaft. Der Flugplatz ist eingeschnürt, wie heute der frühere Zentralflughafen Tempelhof.
Es muß ein Ausweichstandort gesucht werden. Vielleicht Sperenberg, vielleicht Stendal. Vielleicht wird auch geteilt: Fracht in Finow, Charter in Schönefeld, Regierung in Tegel, Geschäftsflugzeuge in Tempelhof.
Die Aussichten sind also mehr als düster.
Rechtliche Schritte
Das Vorhaben, einen Großflughafen am Standort Schönefeld zu errichten, ist nicht nur politisch kurzsichtig und ökonomisch fragwürdig, sondern auch mit geltendem Recht nicht vereinbar.
Sollten sich die Planungen nicht noch aus anderen Gründen (z. B. mangels Investoren) von selbst erledigen, müssen letztlich die Gerichte entscheiden. Für diesen Fall wird ein umfangreiches Prozeßszenario zu erwarten sein, das sich auf alle Aspekte des Projekts (Flughafenbau, Verkehrsanbindungen etc.) erstreckt.
Im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzungen dürfte die Planfeststellung für den Flughafen stehen. Das Planfeststellungsverfahren steht unter dem Gebot der gerechten Abwägung aller relevanten öffentlichen und privaten Belange. Bereits jetzt ist absehbar, daß bei Abwägung dieser Belange der Bau eines Großflughafens in Schönefeld nicht zulässig ist. Ein wesentlicher und entscheidungserheblicher Teil der zu berücksichtigenden Belange und Interessen ist bereits Gegenstand des vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg im Jahr 1994 durchgeführten Raumordnungsverfahrens (ROV) mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung gewesen. Die Ergebnisse des ROV, das der Beurteilung der Standortalternativen Jüterbog-Ost, Schönefeld-Süd und Sperenberg diente, sind - unstreitig - nach wie vor gültig.
Danach ist ein Flughafen am Standort Schönefeld u.a. nicht vereinbar:
· mit dem raumordnerischen Leitbild des Landes Brandenburg (das von Berlin mit- getragen wird)
· mit den Anforderungen an die soziale Infrastruktur- und Siedlungsentwicklung sowie
· mit den Erfordernissen des Katastrophenschutzes
Hinsichtlich des vom Grundgesetz vorrangig geschützten Gutes der menschlichen Gesundheit kommt das ROV zu dem Ergebnis, daß der zu erwartende Fluglärm am Standort Schönefeld zu einer erheblichen und nicht ausgleichbaren Beeinträchtigung der Menschen führt, die nicht hinnehmbar sei. Die Möglichkeit einer Nachtflugerlaubnis wird übrigens dementsprechend als "nicht vorstellbar" bewertet.
Für den Abwägungsvorgang und vor dem Hintergrund ständig wachsender Erkenntnisse zum Gesundheitsschutz, die sich etwa in strengeren Lärmschutzvorschriften niederschlagen, dürften auch die weiteren Ergebnisse des ROV von Bedeutung sein. Danach werden im Vergleich zu Schönefeld mit Sperenberg und Jüterbog zwei Flughafenstandorte in gering besiedelten Gebieten als grundsätzlich geeignet ausgewiesen. Der Einwand eines gegenüber Schönefeld höheren Bedarfs zur Finanzierung der Verkehrsanbindung greift insoweit nicht.
Allein aufgrund der genannten Situation kann somit nicht davon ausgegangen werden, daß ein etwaiger Planfeststellungsbeschluß zugunsten des Standortes in Schönefeld einer gerichtlichen Prüfung standhalten würde.
Eine falsche Standortentscheidung führt zu einer weiteren finanziellen Belastung mindestens der öffentlichen Hand und damit des Steuerzahlers und wirft das Vorhaben eines Großflughafens bei Berlin auf Jahre zurück.